Heutige Probleme im ehemaligen Jugoslawien


Wenn man die im Buch geschilderte historische Entwicklung betrachtet, wird klar, daß die heutigen Probleme im ehemaligen Jugoslawien, vor allem in Bosnien und der Herzegowina, nicht einfach so aus dem Nichts entstanden, sondern das Ergebnis eines langen historischen Prozesses sind.


Nach 1918


Die heutigen Ereignisse haben sich im Jahr 1918 vorbereitet. In diesem Jahr wurde das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen gegründet, das später in das Königreich Jugoslawien umbenannt wurde. Von 1940 bis 1943 vom Deutschen Reich besetzt, hatte sich eine nationale Befreiungsbewegung unter Führung von Josip Broz Tito gebildet, die erfolgreich die Deutsche Wehrmacht mit der Unterstützung der Aliierten aus dem Gebiet Jugoslawiens vertrieben hatte.

Am 29. November 1943 erklärte sich der kommunistische Rat der Volksbefreiung unter der Führung Titos zum obersten legislativen und exekutiven Organ Jugoslawiens und gründete daraufhin die Jugoslawische Republik. Die einzelnen Völker und Religionen genossen eine recht große Freiheit und Gleichberechtigung und es begann eine Zeit der friedlichen Koexistenz. Es gab insgesamt 3 Amtssprachen (Slowenisch, Makedonisch und Serbokroatisch) und die lateinische und kyrillische Schrift parallel. Durch Volksvermischung und sogar durch Heiraten von Leute aus verschiedenen Religionsgemeinschaften wurde dieses bestärkt.

Als 1980 der Staatschef Tito starb, wurde eine instabile Regierung als Nachfolge bestimmt, die es nie wieder richtig schaffte, Jugoslawien so zu vereinigen wie Tito. Hinzu kamen neue nationalistische Bestrebungen, wachsende wirtschaftliche und soziale Probleme und dadurch verursachte Verteilungskonflikte. Durch das Ende des Ost-West-Konfliktes wurde der Zusammenhalt weiter geschwächt.

Am 25. Juni 1991 erklärten sich Slowenien und Kroatien für unabhängig, woraufhin am nächsten Tag die jugoslawischeBundesarmee in beiden Gebieten intervenierte. War in Slowenien aufgrund des massiven ausländischen Eingreifens, des fehlenden Interesses Serbiens, da dort keine Serben lebten und Slowenien nicht an Serbien angrenzte, und des am 8. Juli 1991 unterzeichneten Vertrages von Brioni alles beendet, am 10. Juli die jugoslawische Armee abgezogen und Slowenien ab Ende September offiziell unabhängig, so war dies bei Kroatien nicht so einfach.

Kroatien grenzte an Serbien an, was Gebietsansprüche hatte und es lebten in der Region Krajina viele Serben, weshalb die serbische Bevölkerung dieses Gebiet zur "Serbischen Republik Krajina" erklärte und mit Hilfe des jugoslawischen Heeres eroberte und besetzt hielt. Im Januar 1992 kam es zum vorläufigen Waffenstillstand, aber die durch illegale Waffenlieferungen gestärkte kroatische Armee setzte im Mai 1995 zum Gegenangriff an und hatte bis zum August 1995 die Gebiete rückerobert und viele Serben vertrieben. Dank der UNPROFOR (United Nations Protection Forces) konnte dieser Zustand gehalten werden und die Lage hat sich bis heute zum Glück normalisiert.

In Bosnien und der Herzegowina ging das nicht so relativ friedlich ab. Im April 1992 wurde Bosnien-Herzegowina als unabhängiger Staat endgültig anerkannt. Doch das war der Anfang des Chaos. Die serbischen Einwohner riefen eine eigene Republik aus und konnten innerhalb weniger Tage rund 70 Prozent des Gebietes erobern. Die Allianz der Kroaten und Moslems, die kurz darauf gegründet wurde und der es erfolgreich gelang, einige Gebiete zurückzuerobern, zerbrach an der Erklärung der Kroaten, sich der Republik Kroatien anschließen zu wollen. Daraufhin brach auch untereinander Krieg aus, der im März 1994 durch die UNO geschlichtet werden konnte. Nach langen Verhandlungen einigten sich beide Parteien und beschlossen, wieder gemeinsam zu kämpfen, was die Serben unter großem Druck brachte. Durch diese Situation animiert, wurde im November 1995 der Friedensvertrag von Dayton unterzeichnet, nach dem es zu relativer Ruhe in Bosnien-Herzegowina kam. Im Ergebnis des Krieges gab es mehrere hundertausend Tote, zehntausende ermordete Zivilisten und Millionen Vertriebene.

Diese Konflikte, vor allem in Bosnien-Herzegowina, entstand aus der in Andric's Buch "Die Brücke über die Drina" beschriebenen historischen Entwicklung. Die Probleme zwischen den Angehörigen der verschiedenen Religionen, Bevölkerungsgruppen und den Bewohnern der unterschiedlichen Regionen hatten damit den vorläufigen Höhepunkt erreicht.